NIS2-Richtlinie:

Erhöhte Cybersicherheitsanforderungen für Unternehmen

Die NIS2-Richtlinie (Network and Information Security Directive 2) ist eine Weiterentwicklung der ursprünglichen NIS-Richtlinie der EU und zielt darauf ab, die Cybersicherheitsmaßnahmen innerhalb der Mitgliedstaaten zu stärken. Angesichts der zunehmenden Bedrohung durch Cyberangriffe, Datenlecks und digitale Sabotage erweitert NIS2 den Anwendungsbereich und verschärft die Anforderungen an Unternehmen und Organisationen. Neben strengeren Meldepflichten und höheren Strafen für Nichteinhaltung rückt insbesondere das Risikomanagement in den Fokus. Unternehmen sind verpflichtet, Risiken nicht nur zu identifizieren, sondern auch gezielt zu analysieren und angemessene Schutzmaßnahmen zu implementieren. Hierbei spielt die Bow-Tie-Methode eine entscheidende Rolle, da sie eine klare und strukturierte Darstellung potenzieller Bedrohungen und Gegenmaßnahmen ermöglicht.

Die Bow-Tie-Analyse verdankt ihren Namen der charakteristischen Form einer Fliege („Bow-Tie“) und kombiniert zwei etablierte Analysemethoden: die Fehlerbaum-Analyse (Fault Tree Analysis, FTA) zur Identifikation von Ursachen und die Ereignisbaum-Analyse (Event Tree Analysis, ETA) zur Bewertung möglicher Auswirkungen. Zentraler Bestandteil der Methode ist die visuelle Darstellung eines Risikos in drei Hauptbereichen. Auf der linken Seite werden mögliche Ursachen eines Vorfalls identifiziert sowie präventive Maßnahmen definiert, um das Risiko zu minimieren. In der Mitte steht das kritische Ereignis, das eintritt, wenn keine oder unzureichende Schutzmaßnahmen vorhanden sind. Auf der rechten Seite werden die möglichen Konsequenzen aufgezeigt, ergänzt durch reaktive Maßnahmen, um die Auswirkungen zu begrenzen. Diese Methode hilft Unternehmen nicht nur dabei, Risiken systematisch zu erfassen, sondern auch gezielt zu steuern und Sicherheitsstrategien proaktiv zu gestalten.

Ein weiterer essenzieller Bestandteil der NIS2-Richtlinie ist der All-Gefahren-Ansatz (All-Hazards Approach). Dieser Ansatz fordert von Unternehmen, nicht nur Cyberangriffe isoliert zu betrachten, sondern sämtliche Bedrohungen, die ihre Betriebsfähigkeit gefährden könnten, in die Risikobewertung einzubeziehen. Dazu zählen beispielsweise technische Ausfälle, Naturkatastrophen, Sabotageakte, Lieferkettenstörungen und menschliches Versagen. Die NIS2-Richtlinie schreibt vor, dass Unternehmen ganzheitliche Sicherheitskonzepte entwickeln müssen, die alle potenziellen Risiken abdecken, um langfristige Widerstandsfähigkeit sicherzustellen.

Die Kombination aus Bow-Tie-Analyse und All-Gefahren-Ansatz ermöglicht eine umfassende und präzise Risikoanalyse, die sowohl vorbeugende als auch reaktive Maßnahmen umfasst. Unternehmen profitieren davon, indem sie ihre Cybersicherheitsstrategie gezielt optimieren, Schwachstellen frühzeitig erkennen und effektive Schutzmaßnahmen implementieren können. Die NIS2-Richtlinie stellt damit nicht nur höhere Anforderungen, sondern bietet auch eine Chance, die Sicherheit digitaler Infrastrukturen nachhaltig zu verbessern und sich gegen zukünftige Bedrohungen besser zu wappnen.